Differenzierte Pflegequalifikationen unter Einbezug von hochschulischen Qualifikationen sind unumgänglich
Der Verband der Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren der Universitätskliniken und Medizinischen Hochschulen Deutschlands (VPU e. V.) setzt sich für die Interessen seiner Mitglieder auf fachlicher und berufspolitischer Ebene ein. Die Weiterentwicklung der professionellen Pflege in Universitätskliniken nimmt eine zentrale und prioritäre Rolle ein. In diesem Zusammenhang begrüßt der Verband die kürzlich veröffentlichten Empfehlungen der Arbeitsgruppe der Ausbildungsoffensive Pflege zu den
Aufgabenprofilen akademisch qualifizierter Pflegefachpersonen in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.
Diese Empfehlungen markieren einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Differenzierung der Pflegequalifikation und zur Integration von hochschulischen Qualifikationen in die Pflege. Sie bieten eine Orientierung über die Aufgabenbereiche von Pflegefachpersonen, die einen ersten akademischen Abschluss auf Bachelor-Niveau gemäß dem Pflegeberufegesetz besitzen. Die systematische Integration der akademisch ausgebildeten Pflegefachpersonen in die Patientenversorgung in sämtliche Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und jenseits von Sektorengrenzen birgt erhebliches Potential zur Steigerung der Pflegequalität und Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Hierdurch nimmt die Pflege die unerlässliche, eigenständige Verantwortung für ihren Fachbereich wahr. Dieses Ziel muss aus Sicht des VPU e.V. konsequent verfolgt werden. Darüber hinaus können diese Empfehlungen auch in Verhandlungen mit Kostenträgern und der tariflichen Vergütung eine bedeutende Rolle spielen.
Der VPU e.V. und sein Netzwerk Pflegewissenschaft und Praxisentwicklung sehen in diesen Empfehlungen die Unterstützung der fundamentalen Forderung des Verbandes nach Anpassung der nationalen Pflegequalifikationswege und -tätigkeiten an internationale hochschulische Standards. Angesichts der wachsenden Komplexität und den steigenden Herausforderungen im Gesundheitswesen, sei es in Universitätskliniken, Medizinischen Hochschulen oder anderen Bereichen, ist diese Notwendigkeit in allen Sektoren unumgänglich. Die umfassende Studienlage zur Ergebnisqualität und die Innovationskraft, die von hochschulisch qualifizierten Pflegefachpersonen ausgeht, basieren auf der kontinuierlichen kritischen Reflexion der Pflegepraxis, der Auseinandersetzung mit neuem Wissen und Fragestellungen wie auch der Ableitung und Überprüfung handlungsleitender Lösungsansätzen von multiplen Versorgungsbedarfen. Die Fähigkeit zur wissenschaftsbasierten Gestaltung von positiven Arbeitsbedingungen und der Pflegequalität ist von entscheidender Bedeutung für die Weiterentwicklung der Pflege in Deutschland.
Die vorgeschlagene Beschreibung für den Einsatz von hochschulisch qualifizierten Pflegefachpersonen mit Bachelor-Abschluss verdeutlicht den dringend notwendigen Grad- und Skillmix in der klinischen Versorgung. Bereits heute werden Aufgaben und Verantwortungsbereiche in der Pflege je nach Qualifikation und Erfahrung spezifisch angepasst. Die Gewerkschaft ver.di äußert sich in ihrer Stellungnahme negativ zu den Empfehlungen der komplexen Pflegetätigkeiten in Aufgabenprofilen hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen und spricht nicht nachvollziehbar einen Grade- und Skillmix nahezu ab. Es ist unerlässlich, dass wir Qualifikationen stets an den Bedürfnissen von Patienten, Bewohnern, Kunden oder An- und Zugehörigen und den gegebenen Fähigkeiten im Gesundheitswesen ausrichten. Wir müssen uns den Neuerungen, Fortschritten und sich ändernden Bildungsanforderungen anpassen. Das Einbinden von hochschulisch ausgebildeten Pflegefachpersonen ist dabei nicht nur wünschenswert, sondern erforderlich. Internationale Qualifikationsstufenmodelle wie die des International Council of Nurses (2008) bieten eine sehr gute, praxisbewährte Orientierung für Deutschland.
Es ist an der Zeit, mutige Schritte zu unternehmen und die Pflege in Deutschland konsequent an internationalen Standards auszurichten. Deutschland liegt mit einem Anteil von lediglich durchschnittlichen 3 % hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen an Universitätskliniken und Medizinischen Hochschulen weiterhin zurück. Es bedarf einer stufenweisen und durchlässigen Bildungsoffensive, welche eine konsequente Umstellung der Pflegeausbildung auf ein duales Hochschulstudium in Analogie zum Hebammenberuf einschließt. Seit Jahren setzt sich der VPU e.V. dafür ein und fordert, dass neben den üblichen Ausbildungswegen in der Pflege auch Hochschulprogramme für Pflege, Pflegestudiengänge (Bachelor, Master, Promotion) und zugehörige Pflegeprofessuren an allen Universitäten mit Universitätskliniken in Deutschland geschaffen werden.
Die Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren der Universitätskliniken und Medizinischen Hochschulen Deutschlands und deren Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftler sind entschlossen diesen eingeschlagenen Weg der Weiterentwicklung der Pflegequalität und deren notwendigen Gestaltung von Rahmenbedingungen konsequent weiter zu verfolgen.
Literatur
- International Council of Nurses/ICN (2008) Nursing care continuum framework and competencies. ICN regulation series. International Council of Nurses, Genf:
http://www.cytothesis.us/3.0/Nursing_Care_Continuum_Framework_and_Competencies_ICN.pdf - Bergjan, M., Tannen, A., Mai, T., Feuchtinger, J., Luboeinski, J., Bauer, J., Kocks, A. (2021). [Integrating academic nurses in German university hospitals: a follow-up survey]. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes, 163, 47-56. doi: 10.1016/j.zefq.2021.04.001